Der Eingang in den Park
Nach einem starken Rückschnitt von Rhododendren und Buchs, der Ergänzung der Staudenbeete sowie der Erneuerung der Wegedecke ist der Eingang in den Park wieder einladend und leicht zu finden, Aufnahme im Juli 2021, J. v. Kortzfleisch

Wiederbelebung nach 100 Jahren

Im Rahmen des denkmalpflegerischen Konzeptes für den Landkreis Stade galt es den Pflegerückstand der vergangen Jahrzehnte zu erfassen und ein Maßnahmenkonzept zu entwickeln. Der Hamburger Landschaftsarchitekt Rudolf Schnackenberg hatte nach dem Wiederaufbau des ausgebrannten Schlosses ab 1921 im Auftrag der Familie zum Felde die Gestaltung des Landschaftsparks übernommen. Im Stil der Reformgartenbewegung wurde das Schlossumfeld neu gestaltet. Historische Aufnahmen zeigen z.B. die weiße Brücke auf die Insel im Teich und den freien Blick auf das Schloss aus dem Park.

Schnackenberg und Siebold ab 1921

Zu den bis heute (zum Teil nur Resten) erhaltenen Anlagen aus dem Büro Schnackenberg und Siebold gehören Schnackenbergs Privathaus mit Garten (1911), ein Sondergarten in der Gartenbau-Ausstellung Hamburg Altona (1914), der Garten an der Villa Jebsen in Apenrade (Dänemark, 1909), der Park am Haus Robert in Wentorf (um 1909), der Stadtpark Dams Klint in Sonderburg (Dänemark, 1911) oder der Park am Rittergut Tralau bei Travenbrück (1911).

Postkarte 1941
Postkarte, datiert 1941, Blick über den unteren Teich auf das Schloss, die Weiden auf der Insel sind noch klein.

Basierend auf den Grundsätzen der reformzeitlichen Gartengestaltung und nach Auswertung der Entwürfe von Schnackenberg & Siebold und der zeitgenössischen Fotografien ihrer Gärten und Parks versuche ich an dieser Stelle die charakteristischen Gestaltungsmerkmale ihrer Gärten zusammenzufassen. Heute mag uns vieles davon selbstverständlich erscheinen – vor einhundert Jahren waren diese Ideen neu:

  • Einbettung von Wohnhaus und Garten in die naturgegebene Landschaft und das Relief der Umgebung
  • Schaffung von Räumen mit verschiedener Gestalt und Funktion im Garten
  • interessante Sichtbeziehung in beide Richtungen zwischen Wohnhaus und Garten
  • attraktive Sichtbeziehungen von Wohnhaus und Garten in die Ferne
  • Sichtbeziehungen zwischen Aufenthaltsorten und gebauten oder gepflanzten Blickpunkten innerhalb des Gartens
  • sorgfältige Gestaltung des Eingangsweges zum Wohnhaus, manchmal direkt und betont, manchmal auch über einen indirekt geführten Weg mit Überraschungseffekt
  • klare Gliederung und einfache Formensprache der Flächen durch die Geometrie der Wegeführung und der gebauten oder gepflanzten Einfassungen in Wohnhausnähe
  • fließender aber eindeutiger Übergang von axialen, geometrischen Strukturen in Wohnhausnähe zu formal ungebundener landschaftlicher Gestaltung eher am Rand des Grundstücks
  • unterschiedlich hohe Anbindung des Gartens über Eingänge und Terrassen an die verschiedenen Stockwerke des Wohnhauses (Souterrain oder Erdgeschoss)
  • landschaftliche Gestaltung nur auf ausreichend großen Grundstücken
  • Kleinarchitekturen wie Pavillons oder Pergolen nur dort wo sie sowohl gestalterische als auch funktionale Aufgaben haben
  • Erweiterung der Wohnung über Terrassen in den Garten
  • Aufenthaltsorte und Sitzplätze mit Bänken und Tischen eher mitten im Garten als nah am Haus
  • attraktive Stauden- und Rosenbeete überwiegend im eher architektonischen Bereich in Wohnhausnähe
  • Verwendung blühender Gehölze, auch mit besonderer Laubfärbung
  • geschnittene, zum Teil immergrüne Hecken
  • Trockenmauern und Plattenwege aus gebrochenem Naturstein,
    Kieswege aus gebrochenem, einfarbigem Split
  • weiße, meist rechtwinklig-geometrische Holzpergolen
  • weiße, klar geformte Möbel
Parkterrasse 1950er
Terrasse vom Souterrain zum Park, Aufnahme der 1950/60er-Jahre, aus Unterlagen der Familie zum Felde

Wann diese Details entstanden sind und ob sie zur Gestaltung durch Schnackenberg & Siebold gehörten, ist unbekannt. Wenn es gelingt, alte Unterlage der Familie zum Felde zu finden und auszuwerten, könnten hier möglicherweise entsprechende Nachweise erbracht werden.

Treppe vom Schloss zur Elbmarsch
Treppe hinab zum Gartentor zur Elbmarsch, Aufnahme der 1950/60er-Jahre, aus Unterlagen der Familie zum Felde

Rose und Gustav Wörner ab 1986

Ab 1986 haben Rose und Gustav Wörner aus Wuppertal im Auftrag des Landkreises eine Neugestaltung des Schlossumfeldes unter gartendenkmalpflegerischen Aspekten geplant und zum Teil umgesetzt. Vor der Übernahme des Areals durch den Landkreis waren die Reste der Anlagen der 1920er Jahre und der Jahrzehnte danach weitgehend zugewachsen und ungepflegt.

Offen ist, ob die Wörners von einer Planung durch Schnackenberg & Siebold wussten, und ob sie deren Gestaltungsprinzipien kannten. Ein Einblick in den Wörnerschen Nachlass könnte hier Klärung schaffen. Beim Vergleich der einzelnen Planungsschritte wird deutlich, dass sich der Entwurf von Rose und Gustav Wörner vom ursprünglich privaten Park am privaten Wohnhaus, Schritt für Schritt, zu einem öffentlichen Park an einem öffentlichen Gebäude entwickelt hat. Mit der Aufschüttung des Vorhofes, der Andeutung der historischen Gebäudegrundrisse am Schlossvorplatz und der Bodenaufschüttungen für den Blumengarten sowie den oben aufgeführten Rückbauten wurden sogar starke Eingriffe in den historischen Bestand vorgenommen.

Plan Wörner 1986
Schlosspark Agathenburg, Entwurf mit Sichtachsen von Rose und Gustav Wörner, September 1986

Mein Fazit ist: Die Planungen von Rose und Gustav Wörner sowohl im direkten Schlossumfeld als auch im Park hatten einen hohen kreativ-gestalterischen Anteil. Hier wurde keine konservatorische, restaurative oder rekonstruierende Denkmalpflege betrieben, sondern eine Weiterentwicklung des privaten Schlossparks als öffentlicher Park. Das drückt sich u.a. in Details wie Vergrößerung der Pflasterflächen des Vorhofes, Verzicht auf Zäune und Tore, der Schaffung von zusätzlichen Sitzplätzen oder der Neugestaltung des Blumengartens aus.

Im Folgenden versuche ich die Ziele und Gestaltungsprinzipien der Wörnerschen Planung zusammenzufassen:

  • offene Sichtbeziehung vom Schloss in die Elbmarsch
  • Sichtbeziehung von Schloss in den Park
  • Sichtbeziehungen auf das Schloss aus dem Park
  • Freie Sichtbeziehungen innerhalb der Anlage auf die Teiche
  • Sichtbeziehungen aus dem Park in die Elbmarsch
  • Gartenartig gestaltete Terrassen vor den NO- und SO-Fassaden des Schlosses
  • Hofartige, offene Räume vor den NW- und SW-Fassaden
  • Stauden- und Rosengarten südlich neben dem Vorhof
  • Lichtes, waldartiges Bild im landschaftlichen Teil durch behutsame Reduzierung des Baumbestandes besonders in den Talräumen
  • Offene Gestaltung der beiden Teiche und ihrer Zuläufe
  • Erhalt und Ergänzung der Lindenallee
  • Deutliche Gestaltung der Haupteingänge am Schloss
  • Deutliche Gestaltung des Eingangs vom Bahnhof
  • Erhalt und Verbesserung der vielfältigen Wegeführung an den Hangkanten
  • Erhalt und Vermehrung der Sitzplätze im Park
  • Erhalt der Brücken
  • Anbindung der westlich angrenzenden Wiese

Allgemeine Grundsätze eines gartendenkmalpflegerisches Konzeptes

„Der gartendenkmalpflegerische Leitzustand stellt in der Regel nicht den Zustand dar, den der Garten zu seiner kunsthistorisch bedeutendsten Phase hatte, sondern wird auf der Grundlage zu formulieren sein, wie das bis heute überlieferte Denkmal als möglichst authentischer Zeuge seiner Geschichte bewahrt werden kann. Dabei bleibt die Ergänzung, Wiederherstellung und Teilrekonstruktion der zentralen Denkmalaussagen Leitziel denkmalpflegerischen Handelns.“ (Zitiert aus M.M. Meyer in DGGL, Historische Gärten in Deutschland, 2000)

Es erfolgt eine Formulierung von Erhaltungs- und Entwicklungszielen auf der Grundlage der anlagengenetischen Karte unter Auswertung der Nutzungsanalyse. Dieses ermöglicht die Aufstellung eines Maßnahmenkatalogs zum Erhalt der einzelnen Gartenteile nach Prioritäten und die Untersuchung zukünftig geplanter Nutzungen auf ihre Denkmalverträglichkeit.

Das Parkpflegewerk für öffentlich zugängliche Anlagen sollte im Rahmen einer öffentlichen Veranstaltung den betroffenen und interessierten Nutzern vorgestellt werden. Dadurch und durch eine vorbereitende Öffentlichkeitsarbeit lässt sich eine bessere Akzeptanz evtl. nötiger Maßnahmen erreichen.

Erhaltungs- und Restaurierungskonzept ab 2019

Das Pflegekonzept in Form einer Auflistung der Pflege- und Restaurierungsmaßnahmen für kurz-, mittel- und langfristige Zeiträume bildet die Grundlage für den zukünftigen Umgang mit dem Park. Die vorgeschlagenen und erforderlichen Maßnahmen sind in der Zeichnung im Maßstab 1:250 dargestellt. Die Textblöcke auf der Zeichnung beschreiben stichwortartig die erforderlichen und vorgeschlagenen Maßnahmen.

Vom Blumengarten zum Schloss
Blick aus dem 2020/21 restaurierten Wörnerschen Blumengarten zum Schloss, Mai 2021, Aufn. v. Kortzfleisch

Zur Beschreibung der korrekten technischen und gärtnerischen Ausführung verweisen wir auch auf die einschlägigen Regeln der Fachliteratur. „Außer dem heute üblichen und mit modernen Mitteln zu pflegenden, finden sich in historischen Grünanlagen Pflanzenschätze, Vegetationsformen und bauliche Ausstattung (…), die bei Anlagen unserer Zeit nicht mehr eingesetzt werden. Sie zu pflegen, auszubessern und zu tradieren, gehört nicht zu den geläufigen handwerklichen Fähigkeiten. Die historischen Pflegemethoden und Techniken müssen geübt und weitergegeben werden, was am ehesten durch Ausbildung direkt in den historischen Gärten gewährleistet werden kann.“ (Zitiert nach E. Schmidt in DGGL, Historische Gärten in Deutschland, 2000.) Das zitierte Fachbuch wirbt für eine ständige, regelmäßige Pflege durch gut ausgebildetes fest angestelltes Fachpersonal gerade in öffentlich genutzten denkmalgeschützten Anlagen. Nur so können irreversible Schäden durch Pflegerückstand oder fachlich falsche Arbeiten vermieden werden.

Agathenburg Vorhof
Die im Winter 2020 stark geschinttenen Hainbuchenhecken treiben gut wieder aus, Juli 2021, Aufn. v. Kortzfleisch

Ziele im Maßnahmenkonzept 2019

Denkmalpflegerische Ziele des Maßnahmenkonzeptes ist die Wiederherstellung und Erhaltung der gestalterischen Ideen der Landschaftsarchitekten Schnackenberg & Siebold der 1920er Jahre und die Erhaltung der Ergänzungen durch die Landschaftsarchitektinnen Rose und Gustav Wörner ab 1986:

  • Sichtbeziehung vom Schloss in die Elbmarsch
  • Sichtbeziehung von Schloss in den Park
  • Sichtbeziehungen auf das Schloss aus der Elbmarsch und aus dem Park
  • Freie Sichtbeziehungen innerhalb der Anlage auf die Teiche
  • Sichtbeziehungen aus dem Park in die Elbmarsch
  • Gartenartige, intensiv unterhaltene Räume vor den NO- und SO-Fassaden des Schlosses
  • Hofartige, offene Räume vor den NW- und SW-Fassaden
  • Erneuerung des Blumengartens südlich neben dem Vorhof
  • Lichtes, waldartiges Bild im südlichen Teil durch behutsame Reduzierung des Baumbestandes in den Talräumen
  • Erhalt und Sanierung der beiden Teiche und ihrer Zuläufe
  • Erhalt und Ergänzung der Lindenallee der Schlosszufahrtund der Eichenalleen an der Hauptstraße
  • Deutliche Gestaltung der Park-Haupteingänge am Schloss
  • Deutliche Gestaltung des Eingangs vom Bahnhof
  • Erhalt der vielfältigen Wegeführung an den Hangkanten
  • Erhalt der Brücken

Die Nutzung des Parks als Kulturort und seine denkmalgerechte Entwicklung für die Erholung seiner Besucher*innen sind weitere Ziele.

  • Erhalt und evtl. Ergänzung der heutigen Skulpturen
  • Einbeziehung der östlich angrenzenden Wiese als Ausstellungsraum
  • Denkmalverträgliche Gestaltung neuer Nebeneingänge zum südlichen Parkteil
Bilck auf das Schloss
Blick aus der Elbmarsch auf das wieder freigestellte Schloss Agathenburg, Juli 2021, Aufn. v. Kortzfleisch